Meditation ist eine jahrtausendalte Praxis, die in verschiedenen (östlichen) Religionen und Kulturen ein zentrales Element darstellt und mittlerweile in einer Vielzahl von Studien wissenschaftlich untersucht wird. In der westlichen Welt findet Meditation als etabliertes Verfahren in der Psychotherapie seinen Platz, aber auch als Methode zur Stressbewältigung, in der präventiven Gesundheitsvorsorge oder als Lebensphilosophie im Kontrast zur schnelllebigen Welt. Es gibt unterschiedlichste Zugänge zur Meditationspraxis: in Gruppen, individuell, im Rahmen einer langjährigen Ausbildung, als Teil einer Psychotherapie, im Coaching, als Element spiritueller Praxis, mithilfe von Meditations-Apps usw. Wie jedes Verfahren kann auch die Meditation neben positiven Effekten unerwünschte Nebenwirkungen haben. Nachfolgend finden Sie Informationen zu möglich positiven und negativen Effekten und Tipps worauf für eine sichere Mediationspraxis zu achten ist.

In einer Vielzahl von Studien konnten die positiven Auswirkungen von Meditation auf nachfolgende Erlebnisbereiche bestätigt werden. Wichtig dafür ist, dass es Zeit bedarf die Technik kennenzulernen und sich die Effekte meist erst nach einer mehrwöchigen Übungsphase einstellen.

  • Stressreduktion
  • Gelassenheit
  • Gesteigerte Genussfähigkeit
  • Verbesserung der Selbstwahrnehmung
  • Erleben von Verbundenheit/ Spiritualität/ Sinnhaftigkeit
  • Unterstützung bei der Bewältigung körperlicher und psychischer Störungen: Angst, Depression, Schmerzen etc.
  • Positiver Einfluss auf physiologische und biochemische Prozesse im Körper z.B. Herzschlag
  • Zugang zu Kreativität
  • Steigerung der Konzentration
  • Verbesserung des Schlafs

Einige Menschen erleben aber auch unerwünschte Nebenwirkungen mit erheblicher Alltagsbeeinträchtigung. Diese können von vorübergehender Natur oder bis hin zu wochenlang andauernden Beschwerden sein. Insbesondere für Menschen mit psychischen Störungen ist es wichtig diese zu kennen, um gut darauf vorbereitet zu sein und entsprechende Anpassungen oder Stopps vornehmen zu können. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Meditationsanbieter*innen, auch digital z.B. per App. Hierbei ist es wichtig die*den Anbieter*in kritisch zu prüfen: Ist das Angebot zertifiziert? Wird auf meine Bedürfnisse eingegangen? An wen kann ich mich wenden? Gibt es Hinweise und Informationen zu Nebenwirkungen? Wie geht es mir damit? Für manche Menschen kann ein zu intensiver Einstieg in die Meditationspraxis wie z.B. eine einwöchige Schweigemeditation überfordernd sein. Alarmierend sind Schuldzuweisungen gegenüber den Betroffenen, dass diese angeblich „falsch meditiert“, „zu früh abgebrochen“ oder „innere Widerstände noch nicht überwunden“ haben. Hilfreich ist die Entwicklung einer realistischen Erwartung an die Wirkung von Meditation. So ist Mediation kein Wundermittel, dass als einziges Verfahren gesellschaftliche Probleme, psychische und andere Erkrankungen mit meist komplexen Ursachenkonstellationen heilen kann. Zum Beispiel kann die Vorstellung, dass der Weltfrieden allein durch Meditationspraxis wiederhergestellt wird davon abhalten im realen Leben partizipativ mitzuwirken. Ebenso ist eine Meditations-App nicht dazu geeignet eine Depression zu heilen. Besonders gefährlich ist die falsche Vorstellung, dass die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme durch Meditation ersetzt werden kann. Aus medizinischer Sicht ist übrigens Meditation bei akuter Psychose und Suizidalität kontraindiziert.

Sie finden nun einige Nebenwirkungen aufgelistet, die durch Meditation auftreten können:

  • Negative Gefühle werden verstärkt erlebt

Durch das „nichts-Tun“ und der Beschäftigung mit den eigenen Gedanken und Empfindungen, können Themen, die im Alltag eher weniger präsent sind, bewusst und erlebbar werden. Dies kann besonders bei unverarbeiteten Traumata oder stark negativen Gefühlen als belastend erlebt werden. Ebenso können körperliche Missempfindungen oder Schmerzen verstärkt in das Bewusstsein gelangen. In vielen Meditationspraktiken geht es darum sich selbst, die Gedanken, Empfindungen und Gefühle wertschätzend zu beobachten und anzunehmen. Bei zu überwältigenden Gefühlen, wie z.B. starker Angst oder Panikattacken, ist es hilfreich sich professionelle therapeutische Unterstützung hinzuzunehmen.

  • Enttäuschung oder Konfusion

Wenn zu hohe Erwartungen an die Effekte der Meditation geschürt wurden oder keine ausreichende Einführung in die Meditationspraxis stattfand, kann es vorkommen, dass Sie beim Ausbleiben von gewünschten Effekten enttäuscht sind oder sich fragen, ob Sie alles richtig gemacht haben. Grundsätzlich gibt es beim Meditieren kein richtig oder falsch. Es ist normal, dass Gedanken abschweifen oder man auch mal einschläft. Es kann auch vorkommen, dass Meditation für Sie einfach nicht angenehm oder hilfreich ist. Menschliche Bedürfnisse sind verschieden. Sprechen Sie über Ihre Erfahrungen und klären Sie Fragen mit Ihrer*Ihrem Umfeld oder Meditationsanbieter*in.

  • Entfremdungsgefühle oder Dissoziation

Es kann vorkommen, dass Sie während oder nach einer Meditation ein Gefühl der Entfremdung oder Unwirklichkeit erleben. So können sich einzelne Körperteile verändert anfühlen wie z.B. ein Kribbeln in den Fingern, Wärme in der Brust. Oder auch, dass der eigene Körper sich fremd anfühlt, das Zeitempfinden verändert wahrgenommen wird, das eigene Ich „verschwimmt“ oder die Umgebung als unwirklich erlebt wird. Dies wird auch als Dissoziation oder Depersonalisation/ Derealisation bezeichnet. Die meisten Menschen kennen einige dieser Empfindungen vorübergehend auch aus dem Alltag (wie z.B. eine Veränderte Zeitwahrnehmung während einer Zugfahrt) – was medizinisch unbedenklich ist. Sobald Sie den Eindruck haben, dass diese Empfindungen belastend oder zu langanhaltend sind, sollten Sie sich Unterstützung suchen.

  • Körperliche Beschwerden

Langes Innehalten in einer Sitz- oder Liegeposition kann dazu führen, dass Druckpunkte, Taubheitsgefühle oder Schmerzen entstehen. Besonders zu Beginn der Praxis kann es schwierig sein, eine angenehme Position für sich zu finden. Ebenso können körperliche Beschwerden wie Übelkeit, Schwindel oder Erbrechen auftreten. Es ist wichtig, gut auf die Signale des Körpers zu achten und bei Bedarf z.B. die Sitzposition zu wechseln oder eine Pause zu machen.

  • Soziale Isolation und suchtartiges Verhalten

Wenn Meditation zu intensiv praktiziert wird, zunehmend den Alltag bestimmt und andere Lebensbereiche vernachlässigt werden, kann dies suchtartigem Verhalten gleichen. Der Rückzug in die innere Welt führt dann zur sozialen Isolation und wirkt sich langfristig negativ auf das Umfeld und das eigene Wohlbefinden aus. In diesem Fall sollten Sie dringend mit geschultem Personal sprechen.

Zusammenfassung und Tipps:

Nachfolgend finden Sie einige Tipps, die Ihnen dabei helfen Meditation auf eine sichere Weise praktizieren und von den Vorteilen profitieren zu können:

  • Schaffen Sie sich eine Atmosphäre und einen Ort an dem Sie sich ungestört und wohl fühlen.
  • Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Meditationspraxis und auch Ihre weiteren Alltagsthemen.
  • Entwickeln Sie realistische Erwartungen und machen Sie sich keinen Druck.
  • Es kann hilfreich sein, sich zum Einstieg professionelle Unterstützung zu suchen und vor allem bei bekannten Vorerkrankungen vorab Kontraindikationen medizinisch abklären zu lassen.
  • Beginnen Sie zunächst mit kurzen Übungen und steigern Sie die Zeit langsam.
  • Achten Sie auf sich und machen Sie Pausen.
  • Tauschen Sie sich mit nahestehenden Personen über Ihre Erfahrungen aus.
  • Vertrauen Sie sich und Ihren Empfindungen, anstatt einem Guru, einer App usw.
  • Beenden Sie Ihre Meditationspraxis bei anhaltenden Nebenwirkungen oder starkem Unwohlsein und wenden Sie sich an medizinisches Fachpersonal oder Beratungsstellen.

Quellen:

  • Britton, W. B., Lindahl, J. R., Cooper, D. J., Canby, N. K., & Palitsky, R. (2021). Defining and Measuring Meditation-Related Adverse Effects in Mindfulness-Based Programs. Clinical Psychological Science, 9(6), 1185-1204. https://doi.org/10.1177/2167702621996340
  • Chiesa A, Calati R, Serretti A. Does mindfulness training improve cognitive abilities? A systematic review of neuropsychological findings. Clinical Psychology Review. 2011;31(3):449-464. doi:10.1016/j.cpr.2010.11.003 ‌
  • Gu Q, Hou JC, Fang XM. Mindfulness Meditation for Primary Headache Pain. Chinese Medical Journal. 2018;131(7):829-838. doi:10.4103/0366-6999.228242
  • KABAT-ZINN, Jon. Gesund durch Meditation. Das große Buch der Selbstheilung mit MBSR. Knaur, München, 2013.
  • Medvedev ON, Cervin M, Barcaccia B, Siegert RJ, Roemer A, Krägeloh CU. Network Analysis of Mindfulness Facets, Affect, Compassion, and Distress. Mindfulness. Published online November 26, 2020. doi:10.1007/s12671-020-01555-8
  • SEDLMEIER, Peter. Die Kraft der Meditation. Was die Wissenschaft darüber weiß. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 2016.

von Luisa Heizmann