Die vom Kultusministerium Baden-Württemberg geförderte Beratungsstelle ZEBRA/BW besteht nun seit knapp fünf Jahren. Wie bereits in den Vorjahren werten wir auch in diesem Jahr unsere Tätigkeit in einem Jahresbericht aus. Der Berichtzeitraum bezieht sich auf das Jahr 2024. Den vollständigen Jahresbericht finden Sie auf unserer Homepage oder können ihn als PDF bei uns anfordern (info@zebra-bw.de).

Während unsere ersten Jahre pandemiebedingt geprägt waren durch Anfragen von Menschen, die Verschwörungsgläubige in ihrem Umfeld hatten, veränderte sich 2024 die Anfragestruktur. Wie bereits im Jahr 2021 kontaktierten uns auch 2024 die meisten Ratsuchenden zum Thema ESOTERIK (22%), dicht gefolgt von Verschwörungstheorien (20%). 15% suchten Beratung zum Thema Evangelikale Gruppierungen. Und mit 14% nahm auch die Zahl der Betroffenen zu, die an einen unseriösen Heiler, Coach oder ein Medium geraten sind, deutlich zu. Immer mehr Menschen scheinen Lösungen, Heilung oder Orientierung bei selbsternannten Coaches oder esoterischen Angeboten zu suchen. Oft wird uns von hohem finanziellen Schaden, Abhängigkeit oder gravierenden Ängsten und Fehlbehandlungen berichtet. Derzeit entstehen viele neuen Angebote und zahlreiche Anbieter buhlen um die Gunst und den Geldbeutel der Konsumenten auf dem Weltanschauungsmarkt.

ZEBRA/BW ist stark ausgelastet. Mit 513 Erstkontakten von Ratsuchenden, knapp 200 Kooperationskontakten, 39 Vorträgen und Workshops und 50 Pressekontakten arbeiten wir am Rande unserer Kapazitäten. Viele Menschen wünschen sich von uns einen „Seriositätscheck“, wollen beispielsweise wissen, ob das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, oder ob der/die AnbieterIn bereits negativ aufgefallen ist. Noch häufiger jedoch wenden sich Menschen an uns, die bereits entweder Angehörige haben, die an manipulative AnbieterInnen geraten sind, oder selbst viel Geld für esoterische Angebote ausgegeben haben. Womöglich spiegeln sich auch die politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten in der verstärkten Hinwendung zu esoterischen Angeboten. AnbieterInnen haben Konjunktur, die Sinn, medizinische Lösungen und Entlastung in psychischen Krisensituationen oder Lebenskrisen versprechen. Die Motivationslage der Menschen auf dem Esoterikmarkt, Halt, Orientierung und Lebenssinn zu entdecken, ist breit gefächert. Ebenso breit gefächert ist die Zahl der Angebote und AnbieterInnen. Wir wurden auch 2024 zu zahlreichen neuen Angeboten und AnbieterInnen gefragt.

Gerade junge Menschen wurden als neue Zielgruppe entdeckt. Viele Coaches und Anbieter bewerben sich und ihre Ideen heute beispielsweise bei Tik-Tok. Deswegen haben wir einen Flyer herausgebracht, der dazu aufklärt.

Für unseren hauseigenen Podcast produzierten wir acht neue Folgen.

Unser Schreibwettbewerb fand breiten Anklang und wir kürten im Oktober bei einer Preisverleihung die Sieger und veröffentlichten eine Broschüre mit den besten Geschichten.

Gerade im Bereich der Jugendhilfe ereilten uns zahlreiche Anfragen. Immer häufiger führt die weltanschauliche Gesinnung der Eltern offenbar zu Problemen in Familien oder Jugendliche selbst radikalisieren sich. Außerdem beschäftigen uns nach wie vor die sog. „radikalisierten SeniorInnen“ – wir stellen fest, dass uns viele Angehörige v.a. wegen ihrer älteren Eltern kontaktieren, die sich entweder in der Reichsbürgerszene, im Sumpf der braunen Esoterik oder in Verschwörungsideologien verstrickt haben. Wir sehen hier einen dringenden Bedarf an Präventionsarbeit, Forschung und neuen Konzeptentwicklungen zur Erreichung dieser Zielgruppe. Deswegen wird es dazu im Frühjahr ein Buch von uns geben.

 

Abschließend sind wir sehr dankbar, dass das Land Baden-Württemberg diese wertvolle und essentielle Arbeit ermöglich. Wie wichtig es ist, solche breit angelegten Strukturen bereits zu schaffen, bevor eine Krisensituation eintritt, zeigt sich während der Pandemiejahre in besonderem Maße. Denn während dieser Zeit konnten wir sehr flexibel auf den plötzlich immens steigenden Bedarf zu Beratung im Spannungsfeld Verschwörungstheorien reagieren. Diese verrausschauende breite thematische Verortung verdanken wir v.a. der für uns zuständigen Stabstelle für Religionsangelegenheiten/ Staatskirchenrecht am Kultusministerium. Wir freuen uns, dass die Finanzierung für die kommenden beiden Jahre gesichert ist.