Vielleicht kennen Sie das Gefühl, wenn Sie in einem Gespräch mit einer Person so festgefahren sind, dass Sie sich – metaphorisch gesprochen – keinen Millimeter mehr nach vorn oder zurück bewegen können. Dafür mag es unterschiedliche Gründe geben. Vielleicht liegt es daran, dass wir uns manchmal an Argumenten festbeißen und dadurch ein Seilziehen um die „besseren“, „stärkeren“ und „überzeugenderen“ Argumente entsteht. Keiner der beiden Personen ist bereit, das Seil loszulassen. Je stärker wir daran ziehen, desto stärker zieht auch die Gegenseite. Vielleicht liegt es daran, dass wir ein und dasselbe Gespräch zum 150. Mal führen und an derselben Stelle stranden wie schon die 149 Male davor. Wir sind schon so eingespielt, dass sich dasselbe Muster immer wieder wiederholt. Eine Sackgasse. Und einen Tag später fängt es wieder von vorn an. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass wir manchmal viel zu sehr darauf konzentriert sind, unsere Antworten im Kopf zurechtzulegen, wenn die andere Person gerade am Sprechen ist. Manchmal dient das Zuhören dem Zweck eher dem Zweck, zu reagieren, anstatt wirklich zu verstehen, was die andere Person gerade sagt. Vielleicht es ist alles zusammen. Vielleicht trifft es gar nichts davon (wirklich).

Fest steht: es ist kein Wettkampf. Ein Gespräch zu führen oder gar mit jemandem zu streiten, sollte vielleicht nicht das Ziel haben, möglichst viele und „qualitativ hochwertige“ Gegenargumente zu liefern. Selbst bei einer Meinungsverschiedenheit können wir uns womöglich darauf einigen, dass nicht die andere Person „das Problem“ ist, sondern die Meinungsverschiedenheit bzw. die Art und Weise, wie diese Meinungsverschiedenheit ausgetragen wird. Es ist nämlich vollkommen in Ordnung, unterschiedlicher Meinung zu sein. Es kann nur sehr anstrengend werden, wenn die Dynamik einer Meinungsverschiedenheit sehr ungut ist und es schnell „hochkocht“.

Manchmal kann es helfen, das Muster zu durchbrechen und Fragen zu stellen. Eigentlich ist es sehr simpel. Wir tun es manchmal nur eher selten. Fragen können dabei helfen, Dinge besser zu verstehen und einen Einblick in die Innenwelt von anderen Menschen zu bekommen. Welche Bedürfnisse und Gefühle, Meinungen, Sorgen und Ängste stecken dahinter? Menschen zu verstehen, macht es durchaus schwierig, sie zu verurteilen. Wenn nicht sogar unmöglich. Vielleicht können Sie versuchen, sich ein bisschen besser zu verstehen. Und das geht am besten mit Fragen. Leider gibt es keine „Patentlösung“. Sie kennen sich und Ihr Umfeld am besten. Sie selbst können am besten einschätzen, mit welchen Fragen Sie sich wohl fühlen und welche Fragen Sie lieber nicht stellen möchten. Im Folgenden finden Sie einige Anregungen. Vielleicht sind ja ein, zwei Fragen dabei, die Sie gerne ausprobieren möchten oder die Ihnen Impulse geben, sich „eigene“ Fragen auszudenken. Seien Sie mutig, probieren Sie sich aus, spielen Sie mit den Fragen…

Vielleicht ist Ihr Gegenüber im ersten Moment etwas irritiert, wenn Sie beginnen, mehr Fragen zu stellen. Sie sind allerdings nicht auf geheimer Mission, Sie können ihre Absicht kommunizieren und/oder die Erlaubnis des Gegenübers einholen (z. B. „Ich interessiere mich dafür, wie du zu deiner Meinung gekommen bist. Ich möchte es besser verstehen. Ist es in Ordnung, wenn ich dir ein paar Fragen stelle? Sag mir, wenn ich zu neugierig bin und es dir zu viel wird.“). Genauso können Sie kommunizieren, wenn Sie etwas (noch) nicht verstanden haben (z. B. „Kannst du mir das nochmal erklären? Ich habe ehrlich gesagt nicht genau verstanden, wie du das meinst.“). Manchmal helfen solche Erklärungen auf Metaebene dabei, die Schärfe herauszunehmen.

Viel Erfolg!
 

Fragen zu Bedürfnissen und Gefühlen

  • Was hat sich für dich durch deine Überzeugungen verändert?
  • Gibt oder gab es Dinge oder Entwicklungen, die dir Angst machen?
  • Was wünschst du dir?
  • Hast du früher auch schon mal alles in Frage gestellt?

Fragen zur Inhaltsebene

  • Woran würdest du eine Quelle erkennen, die Lügen verbreitet?
  • Weshalb ist Person XY so überzeugend, was denkst du?
  • Was bedeutet es für dich, wenn ich da anderer Meinung bin?

Fragen zur Beziehungsebene

 

  • Wie findest du es, mit mir oder anderen über solche Themen zu diskutieren?
  • Was brauchst du, damit unsere Freundschaft auch trotz unserer verschiedenen Meinungen weiter bestehen kann?
  • Wie wollen wir miteinander weitermachen?
  • Hast du Ideen, was wir tun können, damit es zwischen uns weniger Streit gibt?

Fragen zur Zukunft

 

  • Was würde es für dich bedeuten, wenn es dir nicht gelingt, mich zu überzeugen?
  • Was ist deine Haltung zum Thema XY?
  • Weshalb denkst du das?

Fragen zur Meinung

 

  • Habe ich dich richtig verstanden, dass …?

(Versicherungs-/Kontrollfrage)

Fragen zum Perspektivwechsel

 

 

  • Was, meinst du, würde mir Person XY sagen, wenn ich sie fragen würde?
  • Wie geht es wohl Person XY mit deiner Haltung?
  • Was müsste passieren, damit du auf keinen Fall mehr zu dieser Demo gehst?

Von Caja Gröber

Der Blogbeitrag ist angelehnt an:

Pohl, S. & Dichtel, I. (2021). Alles Spinner oder was? Wie Sie mit Verschwörungsgläubigen gelassener umgehen. Vandenhoeck & Ruprecht.